beitrag

Verpflichtung zum Schadenersatz bei Fehleinschätzungen

OLG Koblenz, Urt. v. 23. 12. 2014 – 3 U 1544/13

Bei Fehleinschätzungen des Geschäftsführers trifft nach einem neue­ren Urteil des OLG Koblenz (Urt. v. 23. 12. 2014 – 3 U 1544/13)  grund­sätz­lich die GmbH und spä­ter im Insolvenzfall den Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwie­weit der Gesellschaft bei Risikogeschäften hier­durch ein Schaden ent­stan­den ist, wobei das Gericht unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles den Schaden nach frei­er Überzeugung auch schät­zen kann. Dagegen hat der Geschäftsführer dar­zu­le­gen und zu bewei­sen, dass er den Sorgfaltspflichten eines ordent­li­chen Geschäftsmannes nach­ge­kom­men ist, oder dass ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflicht­ge­mä­ßem Alternativverhalten ein­ge­tre­ten wäre (vgl. hier­zu BGHZ 135, 244 ff.).

Ermessen bei Risikogeschäften

Ermessensspielraum

Bei den dem Geschäftsführer regel­mä­ßig oblie­gen­den unter­neh­me­ri­schen Entscheidungen steht ihm im Rahmen des durch die Satzung bestimm­ten Unternehmensgegenstandes ein haf­tungs­frei­er Handlungsspielraum, ein sog. unter­neh­me­ri­sches Ermessen zu, da ande­ren­falls ein wirt­schaft­li­cher Erfolg des Unternehmens kaum zu errei­chen ist. Das wis­sent­li­che Eingehen von Risiken, das eine unter­neh­me­ri­sche Tätigkeit gera­de­zu prägt, bedingt des­halb zwin­gend auch Fehleinschätzungen (vgl. hier­zu BGHZ 135, 244 [253]).  Entsteht der Gesellschaft durch das Fehlgehen eines Geschäfts ein wirt­schaft­li­cher Schaden, so löst dies regel­mä­ßig noch kei­ne Verpflichtung des Geschäftsführers zur Leistung von Schadenersatz aus, wenn die Entscheidung für ein Risikogeschäft auf einer feh­ler­frei­en Ermessensausübung des Geschäftsführers beruhte.

Ermessensausübung

Das Ermessen wird von einem Geschäftsführer feh­ler­haft aus­ge­übt, wenn sein Handeln in Ansehung der zur Entscheidungsfindung her­an­ge­zo­ge­nen Informationen als von Anfang an unver­tret­bar erscheint. Einer gericht­li­chen Überprüfung des in Rede ste­hen­den unter­neh­me­ri­schen Handelns ist des­halb nur die Frage zugäng­lich, ob dem Geschäftsführer bei der Eingehung eines Risikogeschäfts ein Ermessensspielraum zustand und ob die­ses Ermessen feh­ler­frei aus­ge­übt wor­den ist. Hierbei sind jedoch nicht nach­träg­lich gewon­ne­ne oder nach­träg­lich zugäng­li­chen Erkenntnisse zugrun­de zu legen, son­dern nur die­je­ni­gen Informationen, die auch dem Geschäftsführer vor oder bei dem Geschäftsabschluss nach Einholung hin­rei­chen­der Informationen zur Verfügung stan­den oder hät­ten zur Verfügung ste­hen können.

Fazit

In Ansehung der von dem OLG Koblenz fest­ge­stell­ten Beweislastgrundsätze ist dem Geschäftsführer einer GmbH zu emp­feh­len, vor Abschluss eines Rechtsgeschäfts regel­mä­ßig eine Risikoanalyse durch­zu­füh­ren und ange­mes­sen zu doku­men­tie­ren. Je nach­dem wie hoch die Risiken hier­bei ein­ge­schätzt wer­den, dürf­ten die Anforderungen an das Maß der ein­zu­ho­len­den Informationen und an den Umfang der Dokumentation des Entscheidungsprozesses zum Zwecke der spä­te­ren Exkulpation steigen.

Dr. Andreas Daniel

Dr. Andreas Daniel ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Steuerrecht in Berlin. Er ist bei der Rechtsanwaltskammer in Berlin seit 1997 zugelassen und Gründer der auf das Wirtschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei daniellegal. Nach dem Abitur in Leverkusen (1986), Grundwehrdienst bei der Marine in Eckernförde, Flensburg und Kiel (1986-1987) sowie dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Trier (1987-1993) schloss sich dort zunächst eine zweijährige wissenschaftliche Tätigkeit als Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Rechtsphilosophie bei Herrn Prof. Dr. Peter Krause an (1993-1995). Nach dem Referendariat (1995-1997) legte er in Berlin sein Zweites Juristisches Staatsexamen ab und promovierte 2001 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Trier zum Doktor der Rechte.